Literaturempfehlungen


Jüngstes Buch zum Thema, Hacksteins Einsatztaktik (Hrsg. Flake, Runggaldier),
verlegt durch S+K im praktischen „kompakt“-Taschenbuch-Format, ließt sich rasch
und ist angenehm geschrieben.

Inhaltlich wird aus der rettungsdienstlichen Sichtweise betrachtet,
was durch das Titelfoto, eine Szene aus dem Sanitätsdienst, nicht klar zum
Ausdruck gebracht wird. Besagtes Bildnis unterstreicht andererseits auch die
Praxisnähe des Verfassers, zeigt es doch uneinheitlich gekleidete Helfer und
untersetzte Führungskräfte. Das Inhaltsverzeichnis handelt die obligatorischen
Themenblöcke Führungslehre, Einsatzlehre, Gefahrenlehre und Führungsausbildung
ab. Sehr erfrischend kommen zwei Fallstudien hinzu, die eine sinnvolle Klammer
um die theoretischen Ausführungen setzen.

Das leidige oft bis zum Exzess ausgebreitete Thema der Abhandlung unterschiedlicher
Führungsstile ist hier endlich einmal im genau richtigen Umfang aufgegriffen –
eine kurze Einführung. Diese beschränkt sich auf die für die Führung vor Ort wirklich
relevanten Themen, steht doch für den Interessierten umfangreiche weiterführende
Fachliteratur zur Verfügung.

Wie leider auch in fast allen Vergleichswerken wird der bayerische Leser durch die
Begriffsvermischung SanEL / ÖEL irritiert (in Bayer sind dies unterschiedliche
Hierarchiestufen) [S.21]. Das mittlerweile stark verbreitete Konstrukt des Einsatzleiters
Rettungsdienst wird nicht erwähnt. Gut dargestellt (in UHRscher Tradition) wird hingegen
das Aufgabenspektrum des ersteintreffenden Rettungsmittels. Sicherlich zu unterstützen
ist dabei die Forderung, die Rettungsmittel mit einer einheitlichen Kennzeichnungsweste
für das ersteintreffende Fahrzeug auszustatten. Die Umsetzung erscheint jedoch schwerlich
praktikabel. Abzulehnen ist in jedem Fall diese Kennzeichnung wie vorgeschlagen analog
OrgL / LNA mit entsprechender Beschriftung zu gestalten, hier wäre ein Durcheinander
vor Ort vorprogrammiert [S. 49].

Die Hinweise auf operative Umsetzung könnten umfangreicher sein, sehr zu Gute gehalten
werden muss jedoch, was beileibe nicht selbstverständlich ist, dass überhaupt praktische
Handlungsempfehlungen gegeben werden.

Sehr zu bemängeln ist die Ausführung zum Punkt Sichtung. Neben anderen Modellen wird
die konsensus-verabschiedete bundeseinheitlich verwendete DRK Anhängekarte nicht vorgestellt,
die in Deutschland durchaus das meistverwendeten Registrierungsmodell darstellt. Weiterhin
dürfte in einem Mitte 2006 erschienen Buch dürfte (m)STaRT / nichtärztliche Sichtung nicht
fehlen. Auch wird die Triage Thematik an unterschiedlichen Stellen aufgegriffen, eine kompakte
Einführung hätte sicherlich dazu beigetragen, die Bedeutung der Registrierung im MANV stärker
hervorzuarbeiten [Vgl. S. 34, S.42]

Natürlich darf der Komplex Gefahrenlehre nicht fehlen, ob jedoch fast 25% des Inhaltes
unter dem speziellen Schwerpunkt Einsatztaktik ungedingt notwendig sind, sei dahingestellt.
Zur Ausgewogenheit der Gliederung wäre hier der Wunsch, den Punkt Einsatzlehre stärker auszubauen,
der größte Block Führungslehre nimmt im Verhältnis zu diesem eine dominierende Rolle ein.

Abschließend bleibt neben den dargestellten kleineren Mängeln nur ein Resümee: solide,
prägnant, orientiert am Bedarf des Fahrdienstens – in jedem Fall das beste Preis-Leistungsverhältnis
am Markt.



Bittgers Großunfälle und Katastrophen ist seit zehn Jahren ein Klassiker.
Wie der Titel verrät, ist das Buch sehr K-Schutz-lastig. Für Einsatzplanung und Ausbildung
in diesem Kontext stellt es eine sehr gute Basis dar. Obgleich die Kapitel für
das operative Geschäft durchwegs sehr gut geschrieben sind, lohnt sich die
Anschaffung für Führungspersonal sowohl in Sanitäts- als auch
Rettungsdienst, für den Helfer gibt es weniger Vollgeladenes. Die speziellen
Themenbereiche wie Funktechnik, ABC etc. werden z.B. durch das LPN 4
in ausreichendem Umfang abgedeckt.


Lipp und Domres (Hrsg.) haben es mit der LPN-Reihe geschafft, den Gorgaß-Ahnefeld
endgültig auf dem Thron der Klassiker abzulösen. Band 4 "Berufskunde, Organisation,
Einsatztaktik" ist etwas zähe Kost. Die Themen werden in epischer Breite ausgeführt,
das Buch musste anscheinend voll werden, damit es neben den anderen im Bücherregal
nicht zu schmal wirkt. Inhaltlich gut, aber zum Lesen eher anstrengend, weil zu
überladen. Dafür wirklich sehr umfassend, kein Aspekt bleibt außen vor. Wer das
Spektrum ohnehin als trocken empfindet, ist vielleicht mit einem der kleinen
Taschenbücher besser beraten. Wem die Taschenbücher zu knapp gehalten und die großen
Führungswälzer zu viel sind, trifft mit dem LPN die richtige Wahl.



Rezension folgt!
Kurz gesagt ist das Wesen des Buches eine stärkere Fokussierung auf den Wirkungskreis
Wachleitung als auf die Einsatzführung (auch dieser Aspekt wird ausführlich behandelt).
Also ein Buch besonders für Schichtführer und Fahrdienstleiter.



Peter, Mitschke und Uhr (Hrsg. Maurer und Peter) stellen in dem Büchlein
aus dem Hause S+K "Denkschablonen" für das ersteintreffende Fahrzeug dar.
Gemessen am Thema "Notarzt und Rettungsassistent beim MANV" scheint
hier das Titelthema nicht getroffen: Zwar werden für den ersteintreffenden
Rettungsassistenten sehr brauchbare Hinweise gegeben, speziell für Notärzte
gibt es jedoch deutlich geeignetere Literatur.

Das Buch aus der Reihe SEGmente (hier fehlt die Trennschärfe - keine SEG
wird im Regelfall das ersteintreffende Rettungsmittel sein) gliedert
sich in zwei Hauptteile: Führungssystem (Organisation, Aufgabenverteilung,
Führungslehre) und konkrete Handlungsempfehlungen, die das Herausstellungsmerkmal
darstellen.

Das Handlungsschema "REMAB - Rettungsdienst-Einsatz mit Massen-Anfall
von Behandlungs- und Betreuungsbedürftigen" ist, bis auf seinen etwas
obskuren Titel - uneingeschränkt zu Empfehlen. Die einzelnen Punkte des
Algorithmus werden als "Gebote" bezeichnet, von denen es zehn an der Zahl gibt.
Vielleicht sollte für die - hoffentlich erscheinende, das hat das Buch verdient -
Auflage der Titel "Altes Testament des Rettungsdienstes" erwogen werden.
Peinlich, hier hat das Lektorat von S+K wohl einen schlechten Tag gehabt,
ist die Abbildung des CRAMS-Schemas [S. 48] - ein Scan eines Nadeldrucker-
Ausdrucks.

U.a. durch Fußnoten werden ortsunterschiedliche Besonderheiten gut dargestellt.
Untypisch wird der obligatorische Punkt Gefahrenlehre auf das notwendige
Mindestmaß beschränkt, nämlich das ACE-Schema auf drei Seiten. Dafür ein
besonderer Dank an die Autoren!

Das Buch liefert ein solides Basiswissen für den Fahrdienst,
die Anschaffung lohnt sich auf jeden Fall.



Das Handbuch für Organisatorische Leiter
führt sehr umfassend alle Aspekte der Führung in Sanitäts- und Rettungsdienst
auf. Von Ausbildung und Rechtsstellung über Führungslehre zu
Bundeslandesspezifika werden alle wesentlichen Themen ausführlich erörtert.
Für Einsatzleiter Sanitätsdienst und Führungskräfte im Rettungsdienst
eine sinnvolle Anschaffung. Für den interessierten Fahrdienstmitarbeiter
lohnt es hingegen sich kaum.

Rette mich ein bisschen. Ein Sanitäter Roman.

„Rette mich ein bisschen“ ist eine amüsant düstere Zustandsbeschreibung des
Rettungsdienstes. Sprachlich rangiert das Büchlein, das sich rasch liest,
zwar nicht unbedingt in der literaturnobelpreisträchtigen Liga, dennoch passen
die Worte recht gut zur Geschichte.

Gunnar arbeitet im Rettungsdienst (ich vermute, er ist ein Rettungsassistent,
der auf einer RS-Stelle fährt, da hierüber gelegentlich differente Aussagen getroffen
werden.). Der Protagonist steht im Konflikt von Freud und Leid, die die Branche mit
sich bringen. Die Kollegen sind Proleten, die Vorgesetzten dubios, die Bezahlung ist
unangemessen, die Notärzte meist inkompetent, die Einsätze eher schmuddelig denn heroisch
lebensrettend und die ehrenamtlichen Dummschwätzer kosten ihn den letzten Nerv.

Der Autor hat selbst zeitweise im Rettungsdienst gearbeitet, ihm ist eine herrlich
kritische Situationsanalyse als Drahtseilakt zwischen Spott, Anerkennung und nötigem
Ernst gelungen.

Die obligatorischen Selbstzweifel an Sinn und Unsinn der Arbeit werden elegant durch
ein privates Chaos abgerundet, das wiederum durch berufliche Kapriolen verstärkt wird.
Desillusioniert wird versucht, den alltäglichen Wahnsinn zu bewältigen.

Kleinere Schwächen wie der Umstand, dass der Hauptdarsteller mal Nichtraucher ist,
mal nervös qualmt, und literarische Querschläger, die wohl besser dem Lektorat zum
Opfer gediehen wären, sind verzeihbar und unterstreichen die innere Dialektik des
Sanitäters Gunnar.

Als nicht unangemessene Selbstkritik für Rettungsdiensterprobte und andere Profilneurotiker
ist diese Schreibe eigentlich ein Muss!

Präklinisches Management des Polytraumas

Excellente Fachliteratur, die sich spezifisch mit allen wichtigen Facetten des Polytrauma-Handlings
auseinandersetzt. Das Buch setzt ein sehr solides Basiswissen voraus. Um den Text flüssig lesen zu können,
muss die Fachterminologie einigermaßen gut sitzen, wobei der Leser nicht highbrow mit Begrifflichkeiten
überschüttet wird, sondern diese sinn- und maßvoll eingesetzt werden.

Die einzelnen Kapitel sind in sich abgeschlossen und können somit nicht nur im Gesamtzusammenhang,
sondern auch jeweils separat als Repetitorium zu den Besonderheiten dieses für den Rettungsdienst
in der Stadt nicht alltägliche Einsatzbild hervorragend gelesen werden.

Prägnant und kurzweilig werden wichtige Informationen zusammengefasst und verständlich dargestellt, wobei
weder zu tief auf Details eingegangen wird, noch Aspekte nachlässig behandelt werden.

Der Autor richtet sich vornehmlich an ärztliches Personal im Rettungsdienst, jedoch ist der Großteil
der Inhalte auch ohne Approbation von Interesse, sowohl in Bezug auf die theoretischen Hintergründe als
auch in Hinblick auf die praktische Umsetzbarkeit.

USP: wirklich außergewöhnlich ist das sehr umfangreiche Bildmaterial aus dem Realeinsatz, welches stets
in direktem Themenbezug mit didaktischem Hintergrund steht. Die Darstellungen geben auch Extremsituationen
unverblümt wieder, ohne sich dabei voyeuristischen Vorwürfen stellen zu müssen.

Der stattliche Anschaffungspreis für das Taschenbuch ist jeden Euro wert.